Prognose für noch nicht eingetretene Ausfälle

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Bei der Analyse von Ausfällen im Feld treten bei höheren Laufstrecken in der Regel relativ große Abweichungen auf. Dies hat folgende Ursache: Betrachtet man beispielsweise die Häufigkeit bestimmter Schadensfälle im Weibull-Netz bei einer Laufstrecke X, so hat ein bestimmter Teil der Produktionsmenge diese Laufstrecke noch nicht hinter sich und kann auch noch nicht ausgefallen sein. Eine korrekte Aussage über die Häufigkeit der Ausfälle bei einer Laufstrecke X kann aber nur gemacht werden, wenn alle produzierten Bauteile die entsprechende Laufleistung X auch erlebt haben. Die Analyse wird immer besser, je größer der zeitliche Abstand der Analyse zu den produzierten Bauteilen ist. Dann ist immer besser sichergestellt, dass alle Bauteile eine bestimmte Laufstrecke erreicht haben. Man möchte aber möglichst früh eine Aussage über die „Felddaten“ erhalten. Deshalb ist eine Möglichkeit zu finden, eine Prognose über die noch auszufallenden Bauteile zu machen. Diese Bauteile nennt man „Anwärter“. Im folgendem wird ein Verfahren beschrieben, das diese Anwärter bestimmt.

 

Es wird davon ausgegangen, dass die Anwärter die gleiche Ausfallwahrscheinlich­keit haben, wie die vor ihnen ausgefallenen Bauteile. Ist die statistische Kilometerleistung der Fahrzeuge bekannt (Laufstreckenvertei­lung), die betrachtet werden, so lässt sich relativ einfach auf die Ausfallwahrscheinlichkeit der Anwärter schließen.

Die Laufstreckenverteilung kann sowohl aus den Schadensfällen, bei denen Zulassungsda­tum, Schadensdatum und Laufstrecke bekannt sind, aber auch aus Umfragen ermittelt werden. Die Laufstreckenverteilung gibt an, wie viel Prozent der Fahrzeuge eine bestimmte Laufstrecke noch nicht erreicht haben. Sie wird zweckmäßigerweise auf Laufstrecke/Monat normiert und kann für jeden anderen Zeitraum linear umgerechnet werden. In der Praxis ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Laufstreckenverteilung nicht konstant ist. So ist z.B. in der Einfahrzeit des Fahrzeuges eine geringere Kilometerleistung vorhanden. Später nimmt diese von Jahr zu Jahr zu. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass gleiche Bauteile in verschiedenen Fahrzeugtypen und Einsatzfäl­len, aber auch in unterschiedlichen Ländern stark unterschiedliche Laufstrecken erreichen (z.B. haben Taxis sehr hohe Kilometerleistungen). Zweckmäßigerweise wird die Laufstreckenverteilung in zwei Abschnitten angegeben. Zum Beispiel:

Laufstreckenverteilung nach 1 Monaten:
 

X1    10.0%    720 km

X2    63.2%    2160 km

X3    90.0%    3700 km

 

Bei der ersten „Stützstelle X1 haben 10% der Fahrzeuge 720km noch nicht erreicht. Bei X2 haben 63.2% 2160km noch nicht erreicht usw. Diese Laufstreckenverteilung sieht im Weibull-Netz nach einem und nach 10 Monaten (Betrachtungszeitraum) folgendermaßen aus:

 
Aus dieser Darstellung kann für jede Laufleistung entnommen werden, wie viele Fahrzeuge diesen Wert noch nicht erreicht haben. Mathematisch gesehen ist hierzu die Umkehrfunktion der Weibullfunktion notwendig. Aus der Produktionsstückzahl kann man damit die Anzahl der Anwärter berechnen. Angenommen, es werden folgende konkrete Ausfälle eines bestimmten Bauteiles analysiert, die aufsteigend nach Laufleistung sortiert wurden:

Ordnungszahl i

Ausfallzeiten bei km

1

2000

2

2800

3

4500

4

5000

5

6000

6

7000

7

8000

8

8000

9

9000

10

10000

11

11000

12

13000

13

15000

14

17000

15

20000

 

Die entsprechenden Anwärter ermittelt man zunächst prozentual für jede Laufstrecke, an der ein Ausfall vorgekommen ist, im Diagramm der Laufstreckenvertei­lung. Mit der Produktionsstückzahl errechnet sich nun die absolute Anzahl. Dies gilt zunächst für den ersten Wert (Anwärter bei 2000km). Die folgenden Anwärter errechnen sich nun aus der nächsten Anzahl Fahrzeuge, die die entsprechende Laufstrecke noch nicht erreicht haben abzüglich der vorhergehenden Anwärter und Ausfälle. Dabei kann rechnerisch evtl. eine negative Anzahl Anwärter herauskommen, die zu 0 gesetzt werden muss.

Aus den Anwärtern soll nun eine „korrigierte“ Ausfallhäufigkeit ermittelt werden. Diese errechnet sich mit

 

mit

i = Ordnungszahl

n = Produktionsmenge

Nan = Anzahl Anwärter aus Laufstreckenverteilung

Die Anfangswerte für den Beginn der Rechnung für i=0 werden auf 0 gesetzt. Für das oben genannte Beispiel ergeben sich mit einer Produktionsstückmenge von 999 folgende korrigierte Ausfallhäufigkeiten bzw. die Prognoselinie:


Man erkennt besonders, dass die korrigierten Ausfallhäufigkeiten erst nach größer werdender Laufstrecke zum Tragen kommen, da hier immer weniger Fahrzeuge die entsprechende Laufstrecke schon erreicht haben (große Anzahl Anwärter).

Einen besonderen Einfluss auf die korrigierte Ausfallhäufigkeit hat der Einsatzzeitraum =Betrachtungszeitraum. Wie bereits beschrieben, liegt die Linie der korrigierten Ausfallhäufigkeiten immer näher an der Linie der konkreten Ausfälle, wenn der Betrachtungszeitraum immer weiter zurückliegt, bzw. sehr groß wird. In diesem Fall haben eben alle Fahrzeuge die entsprechenden Laufleistungen bereits hinter sich, und es ergeben sich keine neuen Anwärter. Eine Analyse von Bauteilen sollte auch nur in einem eng abgegrenzten Produktionszeitraum durchgeführt werden (max. 3 Monate), denn der Betrachtungszeitraum gilt nur für einen „Punkt“ (mittlerer Wert zwischen dem zuerst und zuletzt produzierten Bauteil).

Bei einer großen Anzahl Ausfälle ist es vorteilhaft Klassen, bezogen auf die Kilometerleistung, zu bilden. Hierdurch wird in den meisten Fällen der Verlauf der Ausfälle im Weibull-Netz geradliniger.

Oft entsteht ein über der Laufstrecke abknickender Verlauf (flacherer Ausgang) auch für die Prognoselinie. Dies kann dadurch entstehen, dass die Beanstandungen außerhalb der Garantiezeit auftreten und hier nicht mehr enthalten sind. Man sagt die Daten gehen aus, obwohl konkrete „Ausfälle“ vorhanden sind. Diese Aussage kann in der Regel gemacht werden, wenn der „Knick“ oberhalb von 40000km entsteht. Damit ist sehr wahrscheinlich, dass keine Garantiezeit mehr besteht. Ist der Knick unterhalb von 40000km, so kann man davon ausgehen, dass nur eine bestimmte „Baugruppe“ oder eine begrenzte Produktion betroffen ist und somit keine weiteren Ausfälle trotz höherer Kilometer zu erwarten sind.

Zu beachten sind außerdem die Hinweise im Kapitel „Allgemeine Probleme bei der Auswertung“.

Vorlage zur Berechnung der Prognoselinie
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